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von Thomas Ray Dolby » Mi Nov 09, 2016 8:22 pm
Ich kann nur von meiner Schulzeit sprechen, noch dazu nicht in einer Metropole mit der Hand am Puls der Mode, sondern in der Provinz. Aber ich kann trotzdem versuchen zusammenzutragen, was mir so einfällt.
[QUOTE=Alyosha;27136]diese verwaschenen jeans mit dem dicken weißen Streifen an der Seite (1987)[/QUOTE]
Die gab's sogar bei uns zeitnah bei den Mädchen. Zu den seitlichen Streifen gab es auch immer einen umlaufenden weißen Streifen um einen der Oberschenkel. Gern kombiniert mit einem dieser breiten Nietengürtel.
Überhaupt hatten Jeans spätestens in der 2. Hälfte der 80er Jahre einen sehr hohen Bund und sehr lange Gürtelschlaufen, um die damaligen monströsen Gürtel aufnehmen zu können. Selbst Jungs hatten damals Gürtel mit zwei Haken in der Gürtelschnalle. Dafür waren Maurerdekolletés damals nicht möglich.
Und Stonewashed Denim machte eine interessante Entwicklung durch. Eine Zeitlang war es in, zur Blue Jeans eine passende blaue Jeansjacke zu tragen und darunter am besten ein weißes T-Shirt – bis das dann doch zu prollig geworden war und für total out erklärt wurde. Ende der 80er gab's auf einmal auch schwarze Jeans im Stonewashed-Look.
Was gab's noch? Ca. Mitte der 80er Jahre fingen auch Männer an, an ihren Haaren die Chemieprodukte anzuwenden, die die Damenwelt spätestens seit Farrah Fawcett konsumierte. Ja, auch außerhalb des Sunset Boulevard. Ich sag's mal so: Der Frisurbeton schlechthin war in den 50ern Pomade, in den 70ern Brisk, in den frühen 80ern Gel und in den späten 80ern Festiger. Bei mir hält das seit Ende der 80er bis heute an.
Im Schulumfeld war damals™ alles noch recht harmlos, sogar bei den Mädchen. Okay, ich wurde 1982 eingeschult und kam 1986 aufs Gymnasium, von daher sollte das zu erwarten sein, aber es war noch „schlimmer“, als manche Bilder aus den 80ern es suggerieren mögen.
Beispielsweise trugen meine Klassenkameradinnen in den 80ern praktisch durchweg Hosen. Einen Rock oder ein Kleid trugen sie fast nur, wenn der Anlaß es erforderte – fein machen, Kostümfest, oder aus anderem Grunde war Verkleiden notwendig – und selbst dann nicht immer. Okay, wenn Einheits(ver)kleidung angesagt war und einen Rock erforderte, dann ja, oder beim Umzug anläßlich des jährlichen Kinderfestes in der Grundschule, wo auch die Jungs in weißes Hemd, schwarze Bundfaltenhose und gute schwarze Schuhe gesteckt wurden. Sonst nicht, nicht mal etwas Kurzes, Luftiges im Hochsommer, geschweige denn etwas Längeres.
Das erste Mal, wo ich mich daran erinnern kann, daß eine Klassenkameradin im Rock zur Schule kam, müßte so um und bei 1989 oder 1990 gewesen sein; der fragliche Rock war ein enger Mini aus schwarzem Stonewashed-Denim, und es war Hochsommer. Bis Frühjahr 1992 kamen vielleicht noch zwei, drei weitere Male hinzu, immer maximal knielange Röcke im Sommer. 1992 war dann das Jahr, in dem Röcke fast schon „grassierten“: Dieselbe Klassenkameradin war schon im Frühjahr die erste, die einen Minirock mit einer Feinstrumpfhose kombinierte. Insgesamt wurden es sage und schreibe sechs Mädchen mit, wenn ich mich recht entsinne, fünf weiten Miniröcken (davon vier praktisch identische schwarze Exemplare), drei engen und einem weißen Minikleid mit weitem Rockteil und rotem Herzchenprint.
Weil Röcke und – eben nochmals seltener – Kleider nur im Sommer getragen wurden, wenn überhaupt, waren folglich Strumpfhosen, die sichtbar getragen wurden, auch kein Thema im Alltag. Wenn überhaupt, dann wurden sie zu kälteren Zeiten unter Jeans getragen oder zu besonderen Anlässen, was Anfang der 90er für mich selten etwas anderes bedeutete als Abtanzball oder die ersten Klassenfeten.
Was wesentlich früher passierte, waren Turnschuhe, gerade bei den Jungs. Die waren als Straßenschuhe an sich nicht unpopulär (in den Umkleidekabinen für den Sportunterricht wurde von Turnschuhen auf Turnschuhe und wieder zurück gewechselt) und meistens relativ einfache Adidas- oder No-Name-Schuhe. Mit Boris Becker kam vielleicht noch Puma dazu. Ende der 80er entdeckten meine frühpubertierenden Klassenkameraden aber dank dem sich ausbreitenden Satelliten-/Kabelfernsehen Hip Hop und Streetstyle. Was mußte also her? NIKE AIR! Je klobiger und spaciger die Schuhe aussahen, desto geiler. Der absolute Wunschtraumschuh war natürlich der Nike Air Jordan für bestimmt 200 Mark das Paar. 1990 müßte es gewesen sein, als als Alternativmarke Reebok aufkam mit seinen „coolen“ Pump-Laschen.
Stichwort Marken: Fruit of the Loom wurde ja schon genannt, aber das war eher eine Gebrauchsmarke. Im zweistelligen Alter konnten wir es kaum erwarten, endlich Levi’s tragen zu dürfen – nicht zuletzt dank der coolen Werbung, die es immer gab („Wonderful World“-Coverversion. Badewanne. ‘Nuff said.). Am besten 501 (durfte kaum einer). Das heißt, ab ca. 1989 oder so war Diesel auf einmal cooler. Ansonsten natürlich Benetton. Als Superedelmarke galt Boss. Mein Gott, was war ich stolz auf den gebrauchten dunkelblauen Boss-Blazer, den ich 1990 oder 1991 geschenkt bekam, mit Schulterpolstern, die auch noch ein Weilchen brauchten, um wieder komplett aus der Mode zu kommen – das Jackett meines Konfirmationsanzuges hatte auch noch welche.
Noch so ein Ding der späten 80er, wenn man Küstenbewohner war, waren diese großen Seglerjacken, wie sie z. B. Helly Hansen anbot. Die hatten neun Taschen, davon zwei Innentaschen und eine auf dem linken Oberarm, die waren allwettertauglich (außer das Wetter war gut), und die hatten die am besten funktionierenden Kapuzen überhaupt. Ich hatte bis in die frühen 90er nacheinander zwei. Ein Klassenkamerad von mir fand in den vielen Taschen seiner Seglerjacke ständig Kleingeld.
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Thomas Ray Dolby am Do Jan 01, 1970 1:00 am, insgesamt 0-mal geändert.
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