Dieter Hallervorden

Ob der wilde Süden oder der kühle Norden, hier trifft man sich zwischen den großen Treffen
SportGoofy
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wellensittich
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Hab ihn am Sonntag bei "Menschen" im ZDF mal wieder gesehen. Kennt jemand seinen neuen Film?
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Thomas Ray Dolby
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Dieter Hallervordens Hauptproblem ist wahrscheinlich das Image, das ihm die Medien in den 70ern seit (und wegen) Nonstop Nonsens aufgesetzt haben.

Er war ja schon in den frühen 70ern ein respektabler Filmschauspieler. In Das Millionenspiel hat man ihm den fast schon psychopathischen Fiesling absolut abgekauft. Hallervorden kann zum Fürchten, wenn man ihn läßt.

Dann passierten drei Sachen. Erstens: Er fing an mit Nonstop Nonsens und erschuf den Gaga-Klamauk-Kunstcharakter „Didi“. Zweitens: Damit wurde er erst richtig berühmt, denn die wenigsten Deutschen kannten ihn vorher, und jetzt kannten ihn fast alle. Drittens: Folglich wurde er fortan auf die „Flasche Pommes frites“ reduziert, egal, was er machte. Hallervorden war Didi, Didi war Hallervorden, und Didi war „Palim Palim“. Immer.

Etwas später fing er dann wieder an, Hauptrollen in Filmen zu spielen. Mit dem „Didi“-Image konnte er natürlich keine furchterregenden Schurken mehr geben, sondern nur noch in Komödien spielen, wie es vor ihm schon diverse andere Komiker und Kabarettisten getan hatten, z. B. Heinz Erhardt.

Auch wenn er in Komödien spielten – und damals landeten deutsche Filmkomödien sowieso immer im Klamauk-Fach –, kehrte er wieder den Charakterdarsteller hervor. Er war einer der wenigen Komiker bzw. Kabarettisten zwischen dem 2. Weltkrieg und heute, die auch noch etwas anderes a) spielen konnten und b) spielen durften als sich selbst.

Das fällt vor allem in den beiden Filmen auf, in denen er jeweils mehrere Rollen spielt. In Didi – Der Doppelgänger spielt er den von seinen eigenen Angestellten gefürchteten Tycoon Hans Immer und den standfesten Berliner Kneipier Bruno Koob, der sich als gerissener herausstellt, als man anfangs glaubt. Im kultigen Didi und die Rache der Enterbten spielt er gleich sieben (na ja, sechseinhalb) unterschiedliche Rollen: 1.: Den steinreichen, greisen, aber immer noch weibstollen und vor allem zutiefst hinterlistigen Onkel Gustav, der das Zeitliche segnet und seine zehn Millionen nicht etwa seiner versammelten geldgeilen Mischpoke vererbt, sondern dem entfernten Verwandten Dieter „Didi“ Dödel. 2., der halbe Charakter: Den Restaurantkritiker Titus, der sich schon bei der Testamentseröffnung zu Tode frißt. 3.: Den Söldner Kongo-Otto, der für die kämpft, die ihn am besten bezahlen, und zur Testamentseröffnung mit dem Fallschirm abspringt. 4.: Die überkandidelte Alte Florentine, die ihren Gatten Rüdiger unterm Pantoffel hält und herumkommandiert. 5.: Den Mafia-Boß Don Emilio. 6.: Den zerstreuten Professor Albert. Und 7.: Eben jenen trotteligen Dieter Dödel, der alles erbt, weil er als einziger Onkel Gustav nie angepumpt hat (er hat dessen Adresse nie rausbekommen).

Seien wir mal ehrlich: Welcher Comedian der damaligen Zeit hätte eine solche Charakterbandbreite spielen können? Otto? Mike Krüger? Thomas Gottschalk, der nur an Krügers Seite unter „Comedian“ lief? Karl Dall? Rudi Carrell? Die haben sich doch alle in ihren Filmen immer nur selbst gespielt – auch, weil die Produzenten und das Publikum genau das von ihnen verlangten.

Bei Hallervorden war das anders. Er konnte es, er konnte es erstaunlich gut, und man ließ ihn auch, weil die Filme, in denen er die Hauptrolle(n) spielte, nur so funktionierten. Nur glaubte man damals, daß Filme, in denen Dieter Hallervorden die Hauptrolle spielt, sich nur an der Kinokasse respektabel verkaufen, wenn man sie unter dem „Didi“-Label vermarktet. Ich meine, viele Leute bekamen sowieso schon nicht mit, was Hallervorden in den Filmen für schauspielerische Leistungen ablieferten. Die sahen Hallervorden auf der Kinoleinwand oder der Bildröhre, und sie sahen ihn unweigerlich als „Palim Palim“-Didi – egal, wen er wie spielte. Aber daß die Filme alle „Didi“-Titel bekamen, verstärkte diesen Effekt sogar noch. Deswegen haben die heute so schlechte Kritiken: Auch versierte Filmkritiker kommen nicht drumherum, unweigerlich Dieter Hallervorden in all seinen Filmen und all seinen Rollen immer als die Klamaukfigur Didi zu sehen. Vermutlich glaubt Hallervorden inzwischen selbst, er hätte immer den Didi mit der „Flasche Pommes frites“ gespielt.

Tatsächlich gibt es in den „Didi“-Filmen nur zweimal einen Charakter namens Didi.

Der eine, wie ich schon schrieb, ist Dieter „Didi“ Dödel in Didi und die Rache der Enterbten. Der ist aber nicht der typische TV-Klamauk-Didi, sondern eine Parodie und eine gnadenlose Überzeichnung des TV-Klamauk-Didi, wie Hallervorden auch seine sechs anderen Figuren in dem Film total überzeichnet – bis hin zum kurzlebigen Titus. Eigentlich wirkt nur Don Emilio halbwegs normal. Didi Dödel ist töffelig, dämlich und merkbefreit bis jenseits der Schmerzgrenze – Hallervorden übertrifft seinen eigenen Klamauk selbst –, aber gleichzeitig scharfzüngig.

Der andere ist Hallervordens Protagonist im letzten Didi-Film Didi auf vollen Touren, der einfach nur Didi heißt. Der wiederum ist die Dekonstruktion von Didi. Er ist frischgebackener Fernfahrer mit eigener Zugmaschine. Sein Chef Grüter hält ihn für einen Volltrottel und spannt ihn als Lockvogel für Presse, Umweltschützer und Polizei ein, um die Aufmerksamkeit von einem drohenden Giftmüllskandal abzulenken: Er schickt Didi mit einer Ladung Altöl nach Frankreich, erzählt ihm, daß er Altöl geladen hat, läßt aber an die Öffentlichkeit durchsickern, daß das mit dem Altöl ein Märchen ist und der Laster statt dessen hochgefährlichen Giftmüll geladen hat, der illegal in Frankreich verklappt werden soll. In Frankreich wird Didi noch ein Typ namens Marcel (der mit dem Affenshave, das nach Pferd riecht) zur Seite gestellt, der sicherstellen soll, daß niemand rauskriegt, was in den Fässern ist, und dem auch erzählt wurde, daß Didi Giftmüll fährt. Blöd nur, daß Didi nicht so dämlich ist, wie Grüter glaubt, und ihm alsbald dämmert, daß da was ganz gewaltig stinkt, wenn halb Frankreich, Marcel inklusive, so einen Bohei um ein paar Fässer Altöl macht. Noch blöder, daß Didi sich das nicht gefallen läßt und Gegenmaßnahmen einleitet.

„Didi“ war letztlich im Grunde nur ein Markenname, denn in den 80ern machte Hallervorden im TV eher Satire als Klamauk (von Nonstop Nonsens-Wiederholungen und -Neuaufgüssen abgesehen). Aber dieses „Didi“-Label wirkt sich bis heute schädlich auf seine Reputation aus, denn bis heute glauben sogar die Vertreter der Massenmedien, daß auf allem, wo Hallervorden mitmacht, „Didi“ draufsteht und „Palim Palim“ drinsteckt – außer Honig im Kopf, weil Hallervorden den Medien so lange um die Ohren gehauen hat, daß er und der Film mit „Didi“ nichts mehr zu tun haben, bis er sich sicher sein konnte, daß sie es begriffen haben.

Aber alles vor Honig im Kopf gilt leider weiterhin als „Palim Palim“.
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Lexi
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[QUOTE=Thomas Ray Dolby;315138]Dieter Hallervordens Hauptproblem ist wahrscheinlich das Image, das ihm die Medien in den 70ern seit (und wegen) Nonstop Nonsens aufgesetzt haben.[/QUOTE]

Ich weiß nicht so recht, was ich zu Hallervorden sagen soll. Im Millionenspiel war er natürlich ausgezeichnet, aber privat stelle ich ihn mir irgendwie unangenehm vor. Auch erzählt er manchmal ziemlich merkwürdige Sachen: Er ist von der FDP besessen, weil sie für Freiheit stehe und hält die Linkspartei für eine Fortsetzung der DDR, dabei war eine FDP-Parteiversammlung in den 50er Jahren einem SS-Vetranentreffen nicht unähnlich. Und er hat mal erzählt, Wahlplakate seien der völlige Blödsinn - da frage ich mich, wie man auf solch einen Unsinn kommen kann. Wer schon einmal einen Wahlkampf ohne Plakat gemacht hat, wird das nie wieder tun, weil es natürlich etwas bringt.
Also zumindest ich sehe Nonstop Nonsens nicht als ein Image-Problem, mir kommt es mehr so vor, als habe er nicht alle Tassen im Schrank.

Ein paar von euch ist doch Berlin vertraut: Wie ist eigentlich sein Theater?
Zuletzt geändert von Lexi am Do Jan 01, 1970 1:00 am, insgesamt 0-mal geändert.
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sturzflug69
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Der Greis ist heiß. Hat sich durch sein trittbrettfahren bei Böhmermann und sein Verhalten seiner Frau gegenüber bei mir lebenslänglich disqualifiziert.
Ach ja und er hat einen Film mit Til Schweiger gemacht.Wtf?
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but ah my foes
and oh my friends
it gives a lovely light.
Stefan Rammler
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Wir wissen alle: Hallervorden ist privat nicht der "Didi" und sicherlich wird er eher ernsthaft bis grantig sein.
Ich finde aber, er sollte die Didi-Sache etwas positiver und entspannter sehen - Ja, er sollte froh sein, den Didi gespielt zu haben.
Das war schließlich die Figur, die ihn populär bis legendär gemacht hat. Wenn nach so vielen Jahren junge Leute immer noch "Palimpalim" kennen, ist das doch als riesen Kompliment zu sehen.

Auch ich fand Nonstop Nonsens damals ziemlich witzig und viele Sketche (z.B. "was? 150 Mark", "Herr Bammmberger" oder die "Beschwerde über die Stewardessen") sind bei mir einfach haften geblieben - im Gegensatz zu vielen anderen Sachen aus dem Fernsehen. Bammmberger haben wir am nächsten Tag in der Schule imitiert und drüber gelacht.
Man kann sich nicht immer aussuchen, mit was man bei den Leuten legendär wird. Hallervorden hat es eben mit Nonstop Nonsens und nicht mit politischem Kabarett geschafft und darüber kann er im Prinzip froh sein.
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LtdBoomer
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Künstler,die mit ihrer Vergangenheitsarbeit angeblich nicht mehr klarkommen bzw.nichts mehr von wissen wollen oder können,sollten sich mal darauf besinnen,das es damals aber zum Knete machen mehr als gut war......
Nonstop-Nonsens war klasse und Ich hab es gerne gesehen und gelacht.
C´est la vie oder drauf gesch........:zahn:
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